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Gema auf der all2gethernow in Berlin

in Gema - Inside 25.09.2009 10:52
von senges • 33 Beiträge

Hallo zusammen,

ich fasse im Folgenden das Wichtigste zusammen, werde auf meinem Blog in Kürze aber näher auf verschiedene Themen der all2gethernow (=a2n) eingehen. Für die nicht mit der a2n Vertrauten: Die a2n wurde in Berlin als Reaktion auf die Absage der Popkomm ins Leben gerufen. Genauer Titel: "all2gethernow - a new music and culture convention".

Ich war mit beteiligt an der Organisation, insbesondere an der Diskussionsrunde "Verwertungsgesellschaften und alternative Lizenzierung". Die Runde wurde im Web gestreamt und wird in Kürze als Video verfügbar sein. Hinweis: Die Diskussion wurde in Englisch geführt (wg. Laurent Kratz von Jamendo), was es uns nicht einfacher machte. Link folgt - die meisten Fotos zur a2n findet Ihr, wenn Ihr bei Flickr nach "a2n" oder "all2gethernow" sucht.

Da die a2n vollständig dokumentiert wurde und wird, finden sich ausführliche Zusammenfassungen aller Panels und Diskussionen in unserer Community. Um dort heranzukommen, müsst Ihr Euch nicht registrieren lassen.

Teilnehmer unserer Runde: Dr. Eberhard Kromer (MediaJust), Kilian Steiner (Direktor & Justitiar GEMA), Till Jaeger (JBB Rechtsanwälte), Laurent Kratz (Jamendo), Danny Bruder (Musiker/"GEMA hacken"), John Hendrik Weitzmann (Creative Commons Deutschland) & meiner einer.

Die Satzung der GEMA, der Verteilungsschlüssel und alle tatsächlichen Interna der GEMA waren ausdrücklich NICHT Thema der Veranstaltung. Damit hätten wir diese gesprengt.

Thema der Runde waren die Fragen

- Wie müssen sich Verwertungsgesellschaften verändern?
- Wie werden sie in Zukunft aussehen?
- Können wir einen Konsens erzielen?
- Welches wären mögliche Schritte?
- Was ist sinnvoll - was nicht?

Grob gesagt, waren sich alle in der Runde einig, dass Veränderungsbedarf besteht. Wie man dorthin kommt - darüber herrschte Uneinigkeit. Aber: Man konnte sehr konstruktiv diskutieren. Die Teilnehmer blamierten sich nicht wie sonst häufig gerade GEMA-üblich mit vollkommener Abwehr und vorgeschützter Unwissenheit bzgl. Creative Commons. Als Vergleich siehe der Auftritt bei der Werte 2.0 Diskussion während der c/o pop in Köln.

Hinsichtlich der Frage der GEMA-Vermutung konnten wir uns nicht einig werden - ist sie für die Musiker wirklich sinnvoll oder nicht. Selbst Nicht-GEMA-Vertreter halten die Widerlegung der GEMA-Vermutung u.U. für kontraproduktiv. Eberhard Kromer jedoch bewertete den bislang wenig beachteten ökonomischen Aspekt der GEMA-Vermutung als Markteintrittsbarriere im Vorgespräch als äußerst interessant.

Sind neue Verwertungsgesellschaften, die bspw. die zentral abgewickelte Verwertung und Abrechnung von kommerziell genutzten Creative Commons Lizenzen handhaben der Weisheit letzter Schluss? Die Verwaltung der Einrichtung wird teuer. Mehrere solcher Einrichtungen heißt mitunter: mehr Kosten, weniger Geld für den Künstler. Einwurf von mir persönlich: Ob das letztendlich so zutrifft, kann man bezweifeln, weil auch weitaus mehr Musikern zu einer kontrollierten Einnahme verholfen wird. Andererseits: Wollen wir mehr Vereine? Und: je mehr Anbieter da sind, desto weniger sind Lizenznehmer wie der Rundfunk bereit, Lizenzen abzunehmen. Einzig diejenigen Lizenzanbieter, die in der Infrastruktur der Sender abgebildet werden können (GEMA) werden genutzt. Diese Erkenntnis kam weniger in der Diskussion, aber im Vorgespräch an den Tag. Siehe dazu auch meinen ausführlichen Artikel auf http://www.ContentSphere.de ("GEMA-Vermutung als Markteintrittsbarriere").

Nicht diskutiert wurde die Option einer vollständig übergeordneten und unabhängigen Institution, die die Verwertungsanfragen sammelt und an die GEMA weiterreicht oder freie Lizenzen anerkennt.

Es bliebe die Möglichkeit der Verwertung aller Werke durch die GEMA. D.h. die GEMA schließt - ähnlich wie mit ihren Schwestergesellschaften - einen Partnervertrag, der CC-Lizenzen beinhaltet. Das erfordert die Möglichkeit, als GEMA-Mitglied ggf. auch unter CC-Lizenzen veröffentlichen zu dürfen. Und siehe da - es wird geprüft. Und es erscheint kein bloßes Lippenbekenntnis zu sein. Man sieht die Notwendigkeit zu handeln.

Immerhin ist der Druck groß (Exkurs ergänzend zur a2n-Diskussion):

- Mitglieder verlassen die GEMA (auch wenn's schwer ist - Danny Bruder bekommt kein Geld mehr aus seiner GEMA-Zeit!)
- In den USA darf die Veröffentlichung unter CC bei Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft per gesetzlicher Grundlage nicht ausgeschlossen werden.
- In Australien und Dänemark ermöglichen die Verwertungsgesellschaften es bereits, wobei die Möglichkeiten jedoch nicht so flexibel wie bei einer "normalen" CC-Lizenzierung.
- Gleiche Einschränkung gilt für die Niederlande, wo ein Projekt hierzu läuft. Paul Keller (Creative Commons Netherlands) war zu einem Vortrag bei der a2n, dem ich leider nicht beiwohnen konnte.
- Der Druck der Kunden (v.a. wichtigste und größte Kunden TV/Radio) ist hoch. Sie arbeiten nicht nur mit bereits mit eigenen CC-lizenzierten Inhalten (NDR, ZDF, BBC, Arte), sie würden sehr gerne CC-Lizenzen einsetzen.
- Und ich gehe persönlich nicht davon aus, dass es für die GEMA tragbar ist, mehr und mehr CC-Lizenzen zu prüfen, für die sie allerdings nichts berechnen kann. Mehr Arbeit, mehr Personal, weniger Geld für Künstler.

Worauf Kilian Steiner leider wieder zurück verfiel, ist der Hinweis auf die getrennt der GEMA überantwortbaren Verwertungsrechte (Aufführung, Vervielfältigung). Denn in letzter Konsequenz müsste es möglich sein, alle Teilrechte an einem Werk aus der GEMA-Verwaltung zu lösen. Jedoch ist man als Künstler weiterhin gezwungen, mindestens ein Verwertungsrecht bei der GEMA zu lassen.

Zieht man ein Fazit der Runde, kann man eines in jedem Fall feststellen: Von jeder (!) Seite ist die Bereitschaft da, miteinander zu sprechen und Änderungen zu akzeptieren bzw. aktiv anzupacken. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Runde in der ein oder anderen Form fortgesetzt wird.

Wir sind uns einig geworden, dass Veränderungen notwendig sind. Wie diese aussehen werden oder sollen, ist unklar. Laurent Kratz, Chef bei Jamendo, steht auf dem Standpunkt, man muss abwarten, Verwertungsgesellschaften haben ihre Berechtigung - mit der Zeit wird es sich fügen.

Eberhard Kromer - Chef des Beratungsunternehmens MediaJust und Rechtsanwalt, früher bei Sony - sieht die GEMA (um die es stellvertretend ging) als "Dinosaurier". Ziel muss es vor allem sein, dass der Künstler für seine Arbeit entlohnt wird. Allerdings bietet die GEMA nicht den entsprechenden Rahmen.

Till Jaeger: "Die GEMA kann sexy sein" - womit er sich darauf bezieht, dass es eine sinnvolle und praktikable Lösung geben muss, die Lizenzeinnahmen *aller* Kreativer einzusammeln (also auch solcher Urheber, die unter Creative Commons veröffentlichen).

Danny Bruder schert mit seiner Ansicht am weitesten aus dem Konsens aus, indem er die beste Möglichkeit (die er selbst als Utopie bezeichnet) darin sieht, seine Werke auf der eigenen Site zu veröffentlichen und durchweg selbst zu verwerten.

Kilian Steiner, erst seit 01.08.2009 Justitiar der GEMA, wartete mit den eigentlichen Überraschungen auf. Zunächst war ich mir nicht klar, ob es eher in die Kategorie "Marketing" fiel, aber im späteren Gespräch in kleineren Kreisen und im vollständigen Eindruck ist davon auszugehen, dass wir ernsthaft mit Veränderungen zu rechnen haben. Mit positiven. Wie gesagt, er nimmt die Alternative CreativeCommons ernst und versteht sie - alles andere wäre eine unterirdische Vorstellung für einen Juristen.

Weitaus wichtiger als die Diskussion waren die Einzelgespräche mit vielen Teilnehmern auch außerhalb der Runde während der a2n. Es ist eine immense Bewegung im Gange. Weitaus größer, als es nach außen sichtbar ist. Im Prinzip warte ich jetzt auf das erste Streitgespräch *zwischen* zwei GEMA-Vertretern. ;)


Die Aussagen von John und mir habe ich heraus gekürzt, da wir aus der Not heraus die Runde moderieren mussten und insofern nicht tatsächlich diskutieren konnten.


Apropos, in der abschließenden Konferenz hielt u.a. John Watts von Fischer Z einen interessanten Vortrag. Ein Zitat daraus: "In 5 years, collection societies will be collapsed".

Zusammenfassend findet Ihr alles in der Community (resümiert von John Hendrik Weitzmann); unmittelbar von Interesse ist folgender Themenstrang:

http://community.a-2-n.de/networks/wiki/index.thementrack_4

Hier findet Ihr alles rund ums Recht... Unter Session 1 hat John Hendrik Weitzmann (Projektleiter Recht bei Creative Commons Deutschland) unsere Diskussionsrunde dokumentiert. Interessant u. U. auch die Session 6, die der VUT netterweise extern und parallel veranstaltet hat. Hab ich wenige Tage vor der Veranstaltung erfahren.

http://community.a-2-n.de/networks/wiki/...k_4_-_Session_1
http://community.a-2-n.de/networks/wiki/...k_4_-_Session_6

Um weitere Eindrücke von der wirklich erfolgreichen a2n zu erhalten, werde ich mit und mit zu verschiedenen Themen auf meinem Blog posten. Kann was dauern. Um mir die Arbeit der Dopplung zu ersparen (hey, ich muss das Ganze in Deutsch & Englisch machen!), schreibe ich zu den anderen Themen nicht hier. Und es war viel dabei: Eigenmarketing von Künstlern, Musik als Kultur, das Verwertungsthema, die a2n als solche im Vergleich zur Popkomm...

VG
Wolfgang


Wolfgang Senges, M.A., M.Sc.
Strategy Consultant in Media Industries
blog - http://www.contentsphere.de
xing - http://www.xing.com/profile/Wolfgang_Senges

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#2

Gema auf der all2gethernow in Berlin

in Gema - Inside 25.09.2009 15:05
von evergreen • 530 Beiträge

Hallo Wolfgang,

da man mit der Gema Vermutung, die auf einem BGH Urteil beruht, in den letzten Jahren keuleschwingend durch die Republik gezogen ist, wurde sicher auch viel Porzellan zerschlagen, das eigentlich noch heil in der Vitrine stehen könnte, wenn man die Anwendung anders ausgestaltet hätte. Das hat sicher auch zu einem hohen Imageschaden geführt.
Die Gema tut ja immer so, als ob Sie durch Gesetze förmlich gezwungen wäre etwas nur so zu tun, wie sie es macht. Vielleicht sollte die Gema ihre gestalterischen Kompetenzen entdecken und ausleben.

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#3

RE: Gema auf der all2gethernow in Berlin

in Gema - Inside 26.09.2009 00:40
von senges • 33 Beiträge

Wie gesagt... Kilian Steiner ist jemand, der zwar die Standpunkte der GEMA vertritt, aber auch die Diskussion sucht - weniger die Konfrontation. Bei der c/o pop dagegen konnte man angesichts seines Kollegen nur kopfschüttelnd davon rennen. Andererseits war diese Diskussion sowieso erschreckend.

Ich denke, wir werden in Kürze mehr hören.


Wolfgang Senges, M.A., M.Sc.
Strategy Consultant in Media Industries
blog - http://www.contentsphere.de
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#4

Gema auf der all2gethernow in Berlin

in Gema - Inside 07.10.2009 11:10
von evergreen • 530 Beiträge

könnte man vermuten, dass das mit der VG-online in Verbindung gebracht werden kann?

http://www.musikmarkt.de/site//start/il/.../ridtb/77/pid/1

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#5

CC: a-2-n, Gema vor der Selbstauflösung?

in Gema - Inside 14.10.2009 12:35
von evergreen • 530 Beiträge
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